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Ausbleibender Trainingsfortschritt, Verletzungen und ständige Müdigkeit: Von der Prävention über die Diagnostik, bis hin zur Therapie (RED-S)

Ausbleibender Trainingsfortschritt, Verletzungen und ständige Müdigkeit: Von der Prävention über die Diagnostik, bis hin zur Therapie (RED-S)

Ein unregelmäßiger/ausbleibender Menstruationszyklus, ständige Müdigkeit, Frieren, ausbleibender Fortschritt im Training und häufige Verletzungen/Infekte könnten Anzeichen für RED-S sein. Das Syndrom beschreibt ein chronisches Energiedefizit, wodurch nach dem Training zu wenige Kalorien übrig bleiben, um alle wichtigen Körperfunktionen zu unterstützen. Früher sprach man bei diesen Symptomen oft vom „Female Athlete Triad“ (Kombination aus unregelmäßigem Menstruationszyklus, niedriger Energieverfügbarkeit und verringerter Knochendichte), heute weiß man, dass beide Geschlechter gleichermaßen betroffen sein können und, dass wesentlich mehr Symptome mit der niedrigen Energieverfügbarkeit assoziiert sind als ursprünglich angenommen. RED-S führt zu einer Art Energiesparmodus im Körper, reduziert die Stoffwechselrate und unterdrückt/drosselt wichtige Funktionen (Reproduktion, Wachstum, Immunsystem uvm.). Gerade Ausdauersportler:innen wie Triathlet:innen sind gefährdet: Studien zeigen eine hohe Prävalenz von RED-S im Ausdauersport.

Prävention: So vermeidest du RED-S

Der größte Faktor in der Prävention ist das Bewusstsein, dass du deinem Körper täglich eine Menge abverlangst und diese Arbeit nur mit ausreichend Nährstoffen verrichtet werden kann. Iss ausreichend Kalorien, insbesondere viele Kohlenhydrate (z.B. Vollkorngetreide, Haferflocken, Obst). Diese dienen neben den Fetten als Energieträger und sind, anders als Fette, nur in begrenzter Menge speicherbar. Plane viele kleine Mahlzeiten und eine ordentliche Portion Carbs vor und nach langen Trainingseinheiten ein. Auch Proteine (1,2–1,8 g pro kg Körpergewicht täglich) und gesunde Fette (Omega-3- und -6-Fettsäuren) dürfen nicht fehlen. Reichlich Gemüse, Obst, Milchprodukte (für Calcium und Vitamin D) sowie eisenreiche Lebensmittel (z.B. Hülsenfrüchte, Fleisch oder Spinat) unterstützen Knochen- und Herzgesundheit. Denke daran: Mindestens etwa 45 kcal pro kg fettfreier Körpermasse und Tag gelten als gutes Ziel, damit dein Körper alle Funktionen aufrechterhält. Vermeide Crash-Diäten oder extreme Gewichtsreduktionen. Wir verwenden in unserem Coaching gerne den Ansatz, dass wir die Ernährung an das Training anpassen. So sind meistens keine Diäten notwendig, da der Körper sich ganz alleine an die Anforderungen anpasst, sofern man ihm das gibt, was er benötigt.

Wichtig ist auch ein sinnvoller Trainingsaufbau: Integriere ausreichend Ruhe- und Regenerationsphasen in deinen Plan. Steigere die Trainingsumfänge graduell und behandle deinen Körper mit Respekt.

Anhaltende Erschöpfung ist absolut kein Anlass zu mehr Kaffee, sondern für eine richtig schöne Entlastungsphase.

  • Regelmäßige, energiereiche Mahlzeiten: Plane 5–6 Mahlzeiten (inkl. Snacks) pro Tag ein. Rechne mit viel Kohlenhydraten, ausgewogenem Protein und gesunden Fetten. Kein Makronährstoff ist “böse”.
  • Training anpassen: Erhöhe Trainingsumfang nur schrittweise. Gönne dir genügend Regeneration (Ruhetage, leichtere Wochen) und baue die Belastung progressiv auf.
  • Gesund bleiben: Treffe Entscheidungen nicht nach Gewicht/ BMI, sondern höre auf Leistungsvermögen und Wohlbefinden. Eine konstante Beobachtung von Puls, Laune und Körpergefühl hilft, Probleme früh zu erkennen.

Symptome: Anzeichen von RED-S erkennen

Wenn du ständig erschöpft bist oder deine Leistung einbricht, könnte das ein Warnsignal sein. Typische Symptome eines RED-S sind beispielsweise:

Leistungseinbruch und Erschöpfung: Du bist auch abseits des Trainings, ständig müde, hast wenig Energie oder Motivationsprobleme. Deine Konzentration bei kongitiven Aufgaben lässt ebenfalls nach.

Häufige Infekte und Verletzungen: Dein Immunsystem schwächelt, du wirst ständig krank. Auch muskuläre Probleme, Sehnenreizungen und Stressfrakturen treten vermehrt auf. Sportler:innen mit RED-S zeigen oft lange Heilungszeiten, etwa bei Knochenbrüchen oder entzündlichen Veränderungen.

Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen: Einschlafprobleme, ständiges Grübeln oder depressive Verstimmungen können auftreten. Auch Gefühle wie Nervosität oder erhöhte Reizbarkeit sind häufig.

Hormonelle Veränderungen: Bei Frauen bleiben häufig die Perioden aus (funktionelle Amenorrhö) oder der Zyklus wird stark unregelmäßig. Das liegt am Abfall von Östrogen und Progesteron im Körper. Bei Männern kann ein niedriger Testosteronspiegel auftreten, was sich z.B. in Libidoverlust, Schlafproblemen und Energiemangel äußert.

Weitere Zeichen: Kälteempfindlichkeit (kalte Hände/Füße), Haarausfall oder Verdauungsprobleme können ebenfalls einen RED-S Verdacht begründen.

Diese Symptome sind nicht immer sofort eindeutig und sie können auch bei anderen Pathologien auftreten. Treten mehrere der oben genannten Punkte zusammen und über längere Zeit auf, solltest du dich allerdings dringend ärztlich vorstellen – idealerweise bei einer Sportmediziner:In. Insgesamt läuft bei RED-S vieles „auf Sparflamme“: Stoffwechselrate, Immunfunktion und Hormonproduktion sind gedrosselt.

Prävention: So vermeidest du RED-S Gastbeitrag von Triathlon-Coach Simon Wendlandt


Therapie und Handlungsmöglichkeiten bei Verdacht

Wenn du vermutest, an RED-S zu leiden, gehe das Thema unbedingt proaktiv an. Je länger das Energiedefizit besteht, desto gravierender die Folgen und, desto schwerer ist es wieder rauszukommen.

Trainingsanpassung:
Reduziere vorübergehend deinen Trainingsumfang und die Intensität. Mehr Erholung kann helfen, da so dein Energieumsatz reduziert wird und du deinen Körper weniger Stress aussetzt. Schon eine Phase mit ausschließlich lockererem Training und konstant höheren Kalorien kann Beschwerden lindern. Eine Trainingsreduktion, ohne gesteigerte Energiezufuhr führt nicht zu einer Besserung.

Optimierung der Ernährung:
Steigere deine Kalorienzufuhr, vor allem durch gesunde, kohlenhydratreiche Kost. Arbeite hier im besten Falle mit einer Ernährungsberater:In mit sportlichem Hintergrund zusammen. Es kann sehr herausfordernd sein, eingebrannte. Muster zu durchbrechen und neue Essgewohnheiten zu verinnerlichen Dabei geht es nicht nur ums „Mehressen“, sondern um die richtige Verteilung (viele Kohlenhydrate) und Mikronährstoffe (Eisen, Calcium, Vitamine). Die Sportärztezeitung betont: „Bei der Behandlung eines RED-S [spielt…] die Ernährung eine zentrale Rolle“.

Medizinische Abklärung:
Suche ärztliche Hilfe (Sportmedizin, Endokrinologie, Gynäkologie), besonders bei schweren Symptomen. Lass Blutwerte checken (Hormone, Schilddrüse, Eisen, Vit. D usw.) und gegebenenfalls eine Knochendichtemessung durchführen. In Berlin gibt es zum Beispiel angeschlossen an die Ambulanz für Sportmedizin der Charite ein Netzwerk aus Expert:Innen für Betroffene von Red-S. Durch diese Untersuchungen kann die Schwere des RED-S eingeschätzt werden. Unbehandelt kann ein chronisches Energiedefizit langwierige Folgen mit sich bringen.

Psychologische Unterstützung:
RED-S ist oft mit mentalen Belastungen wie Essstörungen, Leistungsdruck oder Perfektionismus verknüpft. Es ist absolut wichtig an der mentalen Ebene zu arbeiten, um die Ursache der Problematik herauszufinden und an dieser zu arbeiten. Das ist ohne professionelle Hilfe oft kaum möglich.

Hier helfen dir Ernährungsberater:innen, Sportpsycholog:innen oder deine Coaches (falls diese die erforderlichen Qualifikationen aufweisen). Wichtig ist vor allem aber auch, dass alle Menschen in deinem Umfeld für das Thema sensibilisiert sind.

Ziel der Therapie ist es, die Energiebalance wiederherzustellen: Ausreichend essen und gleichzeitig nicht übertrainieren. Erfahrungsgemäß kommt es dann zu einer langsamen Rückkehr der normalen Körperfunktionen (z.B. Rückkehr der Regelblutung bei Frauen, steigender Testosteronspiegel bei Männern). Wichtig ist Geduld: Alle Systeme brauchen Zeit, um sich zu erholen. Insbesondere kann es zu Beginn der Therapie zu starken Gewichtszunahmen führen, die aber explizit gewünscht sind.

Langfristige Folgen bei unbehandeltem RED-S

Wird ein RED-S ignoriert, kann es langfristig ernsthafte gesundheitliche Schäden verursachen. Beispiele sind:

  • Knochenschwund (Osteoporose): Durch ungünstige hormonelle Bedingungen nimmt die Knochenmasse ab, Stressfrakturen häufen sich und langfristig erhöht sich das Osteoporose-Risiko erheblich.
  • Störungen im Hormonhaushalt: Niedrige Schilddrüsenwerte (Hypothyreose-Symptome), schwacher Sexualhormonspiegel und ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel sind möglich. Langfristig kann das Immunsystem belastet und die Regeneration gestört werden. Hormonelle Störungen wirken sich auf sämtliche Systeme deines Körpers aus
  • Chronische Erschöpfung und Leistungseinbußen: Deine Leistungsfähigkeit kann dauerhaft unterdrückt sein. Selbst nach Pausen fühlst du dich schlapp. Da sich diese Erschöpfung meistens einschleicht, sind Betroffene sich dieser meist lange nicht bewusst. Hier hilft ein Monitoring der Trainingsleistungen.
  • Psychische Auswirkungen: Depressionen, anhaltende Stressreaktionen und gestörtes Essverhalten können sich verfestigen.
  • Fortpflanzungsprobleme: Bei Frauen kann es zu langfristiger Infertilität kommen, bei Männern zu verminderter Fruchtbarkeit.

Kurzum: Deine gesamte Gesundheit ist gefährdet. Es lohnt sich also, RED-S ernst zu nehmen und rechtzeitig gegenzusteuern. Wir wollen aber betonen, dass die Symptome quasi immer reversibel sind.

Wann solltest du Hilfe suchen?

Wenn du eines oder mehrere der oben genannten Symptome bei dir bemerkst, ist es sinnvoll, schnell aktiv zu werden. Besonders gilt:

Ein unregelmäßiger Zyklus ist ein absolutes Warnsignal: Schon das Ausbleiben von zwei aufeinanderfolgenden Zyklen ohne Schwangerschaft ist ein deutliches Warnsignal.

Bei anhaltender Erschöpfung, ohne erkennbaren Anlass: Du kannst auch nach lockerem Training kaum mehr regenerieren und fühlst dich immer müde.

Bei häufigen Stressfrakturen oder Verletzungen: Wenn bei dir Knochenbrüche oder Sehnenprobleme oft und ohne erkennbare Überlastung oder traumatisches Ereignis auftreten, solltest du an RED-S denken.

Bei Libido- oder Hormonproblemen: Fühlst du dich sexuell weniger angetrieben oder hast hormonbedingte Beschwerden, könnte RED-S dahinterstecken.

Bei Essstörungen: Wenn du aus Angst vor Gewichtszunahme extrem wenig isst oder umgekehrt Heißhungerattacken hast, hol dir unbedingt Unterstützung.

Wirf einen Blick auf dein Training und deine Ernährung: Vieles kannst du selbst verbessern. Iss abwechslungsreich und energiereich, gönne dir Pausen, und sprich offen mit Trainer:innen und Arzt/Ärztin über deine Situation. Ohne ausreichende Energiezufuhr kann dein Körper auch keine Leistung erbringen. So schützt du nicht nur deine Gesundheit, sondern holst auch langfristig das Beste aus deinem Triathlon-Training heraus!

Simon Wendlandt

Simon Wendlandt

Mein Name ist Simon Wendlandt und ich liebe den Ausdauersport. Ich starte selber als Profi auf der Mitteldistanz, studiere aktuell noch Sportwissenschaften und bin zertifiziert im Bereich Advanced Sports Nutrition durch die Universität des FC Barcelona.
Die Verbindung aus Ausdauersport und Wissenschaft begeistert mich seit vielen Jahren, genau diese Kombination bildet auch das Fundament meiner Arbeit als Coach bei Enduure. Seit über fünf Jahren begleite ich Athlet:innen erfolgreich auf ihrem sportlichen Weg.
Dabei stehen für mich nicht nur Daten und Trainingspläne im Vordergrund, sondern vor allem der Mensch. Eine starke Community, persönliche Betreuung und echtes Vertrauen sind für mich genauso entscheidend wie die richtige Trainingssteuerung.
Philip (mein Co-Founder) und ich freuen uns dich kennenzulernen und das Coaching im Triathlon etwas zu entstauben (:

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